Home  Neue Musik  Lehre Publikationen face to face  Ein Orchesterprojekt mit Jugendlichen Die Deutsche Radio Philharmonie Saarbrücken/Kaiserslautern und Jugendliche aus Grünstadt (ag neue musik) und Montabaur performen Orchestermusik des 21. Jahrhunderts. Am 10. und 11. November 2011 werden Uraufführungen von Werken der Komponisten Moritz Eggert (München) und Markus Hechtle (Karlsruhe) in Kaiserslautern und Neunkirchen zu erleben sein. face to face ist in mehrerer Hinsicht ein Abenteuer: Jugendliche Musiker treffen auf Orchesterprofis und bilden mit ihnen gemeinsam ein großes Ensemble, in dem alle gleichberechtigt sind. Gemeinsam begibt man sich auf musikalisches Neuland, erarbeitet, probt und performt Musik des 21.Jahrhunderts.Eine Musik, die den Musikern und dem Publikum gleichermaßen neue Klangwelten eröffnet. Das Konzept: Die Komponisten Moritz Eggert (München) und Markus Hechtle (Karlsruhe) komponieren jeweils ein etwa 10-minütiges Werk, in dem musikalische Laien und musikalische Profis gleichermaßen gefordert werden – jeder nach seinen Fähigkeiten. Im Vorfeld gibt es einen intensiven Austausch bei der Begegnung der Jugendlichen mit den Orchestermusikern, mit dem Dirigenten, mit den Komponisten. Hier werden grundsätzliche Erfahrungen ausgetauscht und Fragen erörtert. Bei einem Probenbesuch im Vorfeld lernen die Jugendlichen die Arbeit des Orchesters kennen und umgekehrt lernen die Orchestermusiker und der Dirigent die Jugendlichen in ihren Ensembles an den beiden Schulen in Montabaur und Grünstadt in gemeinsamen Workshops kennen. Mit den Komponisten arbeiten die Jugendlichen bereits vor der Fertigstellung der Kompositionen zusammen, um sich mit dem musikalischen Material, den ungewöhnlichen Instrumenten und den Konzeptideen vertraut zu machen. Aufgeführt und vom Rundfunk aufgezeichnet werden die Kompositionen dann im Rahmen öffentlicher Konzerte.   Die Ziele: Die Begegnung und Interaktion zwischen Menschen verschiedener Generationen, die Musik schaffen, erfinden und ausüben steht im Mittelpunkt. Jugendliche erarbeiten und performen zeitgenössische Musik auf professionellem Niveau zusammen mit Profimusikern. Zwei sich im Alltag eher ferne Welten (Jugendensemble – Sinfonieorchester) treffen hier aufeinander und finden zusammen im gemeinsamen Unbekannten der Neuen Musik. Beide müssen sich aufmachen und fremdes Terrain erschließen - das wird gelingen, wenn beide im Konzert zu einem neuen Klangkörper verschmelzen. Dieser konzertpädagogische Ansatz ist somit anders als bisherige Konzepte: Die Jugendlichen entwickeln nicht einen Zugang zu einem bereits in sich geschlossenen Bestehenden, sei es in einer (z.B. tänzerischen) Performance zu einem Orchesterstück oder einer Komposition mit Elementen eines Referenzstückes, wo letztlich beide für sich bleiben. In face to face befinden sich alle Beteiligten zunächst in der gleichen Situation: Eine noch unbekannte, neue Komposition gemeinsam als ein Klangkörper zu realisieren. Das Begleitprogramm: Das Konzept von face to face soll ebenso wie die neuen Kompositionen im Rahmen eines umfassenden pädagogischen Begleitprogramms vermittelt werden. An der Hochschule für Musik in Saarbrücken werden Schulmusik-Studentinnen und -Studenten gemeinsam mit Musiklehrerinnen und Musiklehrern verschiedener saarländischer Schulen Workshops und Fortbildungs- veranstaltungen besuchen, wo sie befähigt werden, an ihren Schulen im Musikunterricht die Schülerinnen und Schüler auf einen Konzertbesuch vorzubereiten und auf musikpraktischem Weg an die beiden zeitgenössischen Kompositionen heranzuführen. Auf diese Weise gelingt es in der Aus- und Weiterbildung für die konzertpädagogische Vermittlungsarbeit wichtige Multiplikatoren zu gewinnen. Die Kompositionen:  Moritz Eggert: Das ganz normale Leben Jugendliche und großes Orchester – kein Education- Projekt, sondern ein gleichwertiges Miteinander. Die Jugendlichen übernehmen Extraschlagzeug und Performance – auf der Bühne werden Spiegeleier gebraten, es wird geboxt, Fahrrad gefahren, telefoniert, auf einem Trampolin gesprungen, gerannt, gestritten, gesungen, geschrien. Mittels speziell für das Stück programmierter iphone- apps werden zudem Orchesterklänge live durch Bewegungen verändert. Die Jugendlichen betätigen sich zudem als Klangdetektive – sämtliche im Stück vorkommenden Originalgeräusche (z.B.  Autobahnen, Stadtleben, Fußballstadien, Werbesendungen aus dem Fernsehen usw.) sind von ihnen selber ausgesucht und aufgenommen worden. Ein Stück über den Alltag, sicherlich auch von der Intention her verwandt mit meinem aktuellen Opernprojekt „All diese Tage“, in dem es um Alltagsbeschreibungen von Jugendlichen geht. Neue Musik beschäftigt sich sicherlich zu wenig mit dem „normalen“ Leben, das so normal nie ist, zu keiner Zeit, weder in der Vergangenheit noch in der Zukunft. Alltag ist eine Konstruktion, mit der wir die Realität in den Griff bekommen. Das Stück bezieht seine Spannung aus der Konfrontation von Alltäglichem und Nichtalltäglichem (einem klassischen Orchester), dabei entsteht gleichzeitig der Versuch eine neue, formal klar strukturierte musikalische Ästhetik und Sprache zu definieren, die die intellektuellen Sackgassen der Avantgarde und Postmoderne meidet. Musik kann Alltag nicht abbilden, aber sie kann zeigen, wie sich dieser Alltag anfühlt, um nicht mehr und nicht weniger geht es. Dabei ist auch die ironische Übertreibung und Überhöhung ein adäquates Mittel, um die Leere und Traurigkeit, die sich hinter der Hyperaktivität unserer Zeit verbirgt, zum Vorschein zu bringen. Markus Hechtle: Fenster zur See Die Schüler der ag neue musik am Leininger- Gymnasium Grünstadt werden in meiner Musik ausschließlich Claves spielen, das sind Gegenschlagstäbe aus Holz, die einen kurzen und sehr brillanten Impuls erzeugen, die Schlagzeuger des Schlagzeugensembles des Landesmusikgymnasiums Montabaur darüber hinaus Peitsche und andere Schlaginstrumente bedienen, die meist ebenfalls Holzklänge hervorbringen. Die Deutsche Radio Philharmonie Saarbrücken/Kaiserslautern wird fast ausschließlich auf ihre Streichergruppe reduziert sein, lediglich zwei Trompeten und mutmaßlich zwei Holzblasinstrumente werden den Klangkörper ergänzen. Im Gegensatz zur herkömmlichen Notation des Orchesterparts, entwerfe ich für die Schüler eine Notenschrift, die im Wesentlichen auf einer speziellen Reaktionsnotation basiert, d.h. die Schüler müssen nicht im traditionellen Sinne Rhythmen lesen, sondern orientieren sich an musikalischen Aktionen ihrer Mitspieler oder an Zeichen des Dirigenten, auf die sie auf unterschiedliche Weise reagieren. Dadurch können einerseits rhythmische Gebilde von organischer Dichte, andererseits eine große Konzentration entstehen, da jeder einzelne Spieler ständig in die direkte Verantwortung genommen wird. Die Reduktion auf wenige Instrumente (sowohl im Orchester, als auch bei den Schülern) und die andersartige Notation entspringen auch dem Vertrauen, durch Konzentration auf geringste Mittel intensive Erfahrungen musikalischer Spannungs- zustände zu ermöglichen, nicht nur bei den beteiligten Musikern, sondern schließlich auch beim Publikum. Die Ausführenden: Konzept und künstlerische Leitung: Silke Egeler-Wittmann Dirigent: Roland Böer Deutsche Radio Philharmonie Saarbrücken/Kaiserslautern: Management: Benedikt Fohr Leitung Kommunikation und Marketing: Anne Dunkel Musikvermittlung: Ulrike Guggenberger Workshopleiter Orchester: Uwe Zaiser, Peter Leiner, Martin Frink Jugend-Ensembles: Schlagzeugensemble des Landesmusikgymnasiums Montabaur      (Leitung: Agnieszka Koprowska-Born)       ag neue musik am Leininger-Gymnasium Grünstadt      (Leitung: Silke Egeler-Wittmann) Koordination Lehrerfortbildung und Schulmusikausbildung an der Hochschule für Musik Saar :    Prof. Dr. Christian Rolle Kontakt:    Silke Egeler-Wittmann                    Am Kirchrain 17  67271 Kindenheim  06359 – 949679 oder  0173-9436591 UP